Vortrag von Ronja Trischler zu Online-Moderation

Ob in Arbeitsmeetings, Fernsehsendungen, Fachkonferenzen, Podiumsdiskussionen, Bürger:innenbeteiligungen, Videocalls oder Social-Media-Gruppen: Moderation stellt über verschiedene Praxis- sowie Medienformen hinweg eine weit verbreitete Methode dar, diskursiven Austausch zu ermöglichen. Beenden gilt dabei als zentrale Aufgabe des Moderierens, ethnomethodologisch gefasst haben wir es mit Ethnoexpert:innen des Beendens zu tun. Wo andere keine Ende finden, sind Moderator:innen zur Stelle oder sollen es zumindest sein. Hierbei zeigen sich in der zunehmend digitalisierten Gesellschaft neue Herausforderungen: Es können Automatisierungen, Ausdehnungen sowie variierende Grade der Professionalisierung von Moderation festgestellt werden, insbesondere in Form von Content Moderation auf Plattformen. In der fortlaufenden Moderation online verschwimmen die Grenzen zwischen Produzent:innen und Nutzer:innen über die Thesen zu „prosumption“ hinaus: Das zivilgesellschaftliche Engagement und Community-Building von „volunteer moderators“ geht mit Fürsorgepraktiken einher.
Basierend auf einer internetethnografischen Studie zu einer Online-Gruppe, in der Ratschläge zur Reparatur von Alltagsgegenständen erfragt werden, untersucht der Beitrag Praktiken des Beendens diskursiver Praktiken online. Er nimmt dafür eine praxistheoretische Perspektive ein, die digitale Moderation in Anlehnung an die Science and Technology Studies als soziotechnische, semiotisch-materiellee Praxis untersucht . Als Bewertungs- und Ordnungspraxis birgt Moderation auch die Gefahr, selbst Themen, Beitragende oder Positionen zu verhindern oder auszuschließen. Durch die Technisierung (und Infrastrukturierung) von Moderation erleben Nutzer:innen soziotechnische Selektionen und Schließungen als intransparent – und als Anlass zu Spekulation, was die normativen Implikationen des Beendens diskursiver Praktiken verdeutlicht. Im Fall von Reparaturratschlägen können einzelne Posts ‚geschlossen‘ werden, nicht aber die Verständigung über die Bedingungen der diskursiven Praktiken des Ratschlag Gebens.